33. StVO Novelle: Endlich Verbesserungen für den Radverkehr?
Der jahrelange Rückstand verglichen mit anderen europäischen Staaten soll jetzt endlich teilweise aufgeholt werden. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung für mehr Sicherheit von Radfahrer*innen wird im Herbst gesetzt. Veränderungen wie ein gesetzlich definierter Mindestüberholabstand, ein Grünpfeil für Radfahrende an Ampeln und das nebeneinander Radfahren sind nur einige Beispiele in der Straßenverkehrsordnung (StVO), die ab 1. Oktober 2022 in Kraft treten wird. Ist das der langersehnte Startschuss für sicheres Radfahren in Österreich? Wir verschaffen euch einen Überblick über jene Neuerungen, die unserer Meinung nach am wichtigsten und gewinnbringendsten für den Radverkehr der Zukunft sind.
Mindestüberholabstand von 1,5 Metern
Wer kennt das nicht? Autos, die viel zu Nahe an einem vorbeifahren und man fast Angst haben muss von der Straße abgedrängt oder vom Auto gestreift zu werden. Dieses Problem soll ab Oktober Schnee von gestern sein, denn Österreich macht es Ländern wie Frankreich, Spanien und Deutschland nach und führt einen gesetzlich definierten Überholabstand ein. Im Ort müssen KFZ-Lenker beim Überholen zukünftig 1,5 Meter Abstand von Fahrradlenker*innen halten, außerorts sogar 2 Meter Abstand. Bis zu einer Geschwindigkeit des Kraftfahrzeuges von 30 km/h, darf dieser sichere Überholabstand, jedoch unterschritten werden. Hier gilt die bisherige Regelung, nämlich dass jener Abstand eingehalten werden soll, der der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entspricht. Diese Ausnahme schürt bei einigen Radfahrer*innen Unruhe, da nicht die Sicherheit der Menschen oberste Priorität hat, sondern anhand der Geschwindigkeit differenziert wird. Wir hoffen, dass das bei zukünftigen Gesetzesänderungen in Betracht gezogen wird.
Grünpfeil fürs Rad an Ampeln
Zur Verringerung von mühsamen Wartezeiten an Ampeln ist es zukünftig möglich, durch das Anbringen eines Zusatzschildes mit einem grünen Pfeil und Radsymbol, an einzelnen Kreuzungen bei Rot abzubiegen. Eine analoge Regelung soll an T-Kreuzungen folgen, um das Geradeausfahren zu ermöglichen. In diesen Situationen haben die Radfahrenden gegenüber querenden Fußgänger*innen Wartepflicht. Das bedeutet, es muss vor dem Abbiegevorgang angehalten werden. Abgeschaut hat man sich diese Regelung von Deutschland, wobei in Belgien, Dänemark, Frankreich und der Schweiz das „Vorrang geben“-Prinzip gilt, das für mehr Komfort sorgen soll.
Nebeneinander Radfahren erlaubt
Eltern können jetzt einmal durchatmen, denn zukünftig ist das Nebeneinanderfahren am Rad unter gewissen Umständen erlaubt. Eine große Erleichterung gibt es für alle Eltern, die sich immer fragten, ob sie vor oder hinter ihrem Kind fahren sollten, denn nun darf neben Kindern bis 12 Jahren geradelt werden. Zusätzlich gilt auch, dass auf Straßen mit einem Tempolimit von maximal 30 km/h auch das Nebeneinanderfahren von Erwachsenen gestattet ist. Jedoch nicht auf Schienen- und Vorrangstraßen sowie gegen die Fahrtrichtung von (geöffneten) Einbahnstraßen. Dabei muss das linke Fahrrad einspurig sein, niemand darf behindert werden und das Überholen darf nicht gefährdet werden.
Annäherungen an Radfahrüberfahrten
Bei der Annäherungsgeschwindigkeit an ungeregelte Radfahrerüberfahrten wird es auch zu minimalen Abänderungen kommen. Weiterhin gilt es, dass man sich diesen nur mit maximal 10 km/h nähern darf. Allerdings tritt diese Regelung außer Kraft, wenn in unmittelbarer Nähe keine Kraftfahrzeuge fahren.
Schnelle E-Bikes auf Überland-Radwegen
Man muss ja mit der Zeit und deren Trends gehen und eines steht fest: E-Bikes sind definitiv sehr im Kommen. Deswegen dürfen S-Pedelecs (E-Bikes mit Geschwindigkeiten bis zu 45 km/h und Kennzeichenpflicht) Radwege oder gemischte Fuß- und Radwege außerorts befahren. Das gilt auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge, jedoch dürfen beide Fahrzeugtypen nur mit maximal 25 km/h unterwegs sein.
Erleichterung bei Fahrradstraßen
Dadurch, dass die Behörde zukünftig unter gewissen Voraussetzungen bestimmen darf, dass eine Fahrradstraße dauernd oder zu ausgewählten Zeiten oder Zwecken mit Kfz befahren werden darf, wird die Einführung von Fahrradstraßen deutlich erleichtert.
Queren von Kreuzungen im geschlossenen Verband
Das Queren einer Kreuzung in der geschlossenen Fahrradgruppe soll erlaubt werden, auch wenn die Ampel währenddessen auf Rot schaltet. Diese Fahrradgruppe muss jedoch aus mindestens 10 Mitgliedern bestehen. Beim Einfahren in die Kreuzung sind die für Radfahrer*innen geltenden Vorrangregeln zu beachten. Die voran fahrende Person hat die Verantwortung im Kreuzungsbereich den übrigen Fahrzeuglenker*innen das Ende der Gruppe durch Handzeichen zu signalisieren und dafür, falls erforderlich, vom Fahrrad abzusteigen. Zur Sicherheit muss eine reflektierende Warnweste getragen werden.
Klärung bezüglich Strafhöhen
Auch der Geldbeutel kann durch die Gesetzesänderungen bei den Strafhöhen durchatmen. Hier gilt, dass auch mehrere Verstöße bei Ausrüstungsbestimmungen der Fahrradverordnung bezüglich Reflektoren oder Lichter, nur mehr als eine einzelne Verwaltungsübertretung zu bestrafen ist. Bitte trotzdem immer auf ein richtig ausgestattetes Fahrrad achten, denn es geht nicht nur um eure, sondern auch um die Sicherheit anderer.
Fahrradparken in Fuzos
Bis dato ist das Abstellen von Fahrrädern in Fußgängerzonen nur zu Zeiten des erlaubten Befahrens für die Dauer der dort zu verrichtenden Tätigkeit erlaubt. Das wird sich mit der neuen Novelle ändern, das Abstellen von Fahrrädern wird immer erlaubt.
Änderungen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen
Neben den oben genannten Neuerungen gibt es noch weitere Verbesserungen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen:
- Das ewige Warten an Ampeln, aber auch das stressige überqueren bei Grünphasen soll unterbunden werden, denn die Grünphasen werden länger und die Rotphasen kürzer.
- Hineinragende Autos auf Fahrradwegen sowie Fußgängerwegen sind endlich passé, denn es ist ausdrücklich untersagt Verkehrsflächen, die dem Fußgängerverkehr oder dem Fahrradverkehr vorbehalten sind zu behindern.
- Für mehr Ruhe und Sicherheit wird in Schulstraßen zukünftig gesorgt, da das Schulumfeld zu bestimmten Zeiten nicht mit Kfz, sondern nur zu Fuß oder per Fahrrad zu erreichen sein wird.
- Vor allem relevant ist dieser Punkt für den baldigen Schulstart: Das Vorbeifahren an öffentlichen Verkehrsmitteln bei Haltestellen ist für Fahrzeuglenker*innen – dazu zählen auch Radfahrer*innen – nicht gestattet.
- Neue Beschilderungen für Sackgassen mit Durchgehmöglichkeit oder Durchfahrmöglichkeit für Radfahrende angebracht.
Unsere Meinung
Die oben aufgelisteten Änderungen im Gesetzestext sind unserer Meinung nach am Relevantesten. Um genauere Informationen zu erhalten, empfehlen wir die StVO-Novelle durchzulesen. Grundsätzlich kann man sagen, dass diese sich positiv auf den Fahrradverkehr auswirken werden. Manche der Änderungen wurden seit Jahren gefordert und treten unserer Meinung nach verspätet in Kraft. Doch es gilt die Devise: besser jetzt als nie. Besonders wichtig finden wir die Erhöhung des Mindestabstands, da auch im Straßenverkehr ein respektvoller Umgang miteinander und vor allem die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen an erster Stelle stehen sollen. Auch, dass man als Elternteil neben seinem Kind radeln darf, ist definitiv sehr hilfreich und spart einiges an Nerven. Wie sich die Änderungen auswirken beziehungsweise ob und wie sie von der Bevölkerung aufgenommen werden, das wird sich zeigen. Es wurde ein längst überfälliger wichtiger Baustein für den sicheren Radverkehr der Zukunft gesetzt. Auch unser Ziel ist es Städte in naher Zukunft lebenswerter zu machen, deshalb beurteilen wir diese Novelle zwar als gut, sehen sie aber nur als ersten Schritt in die richtige Richtung, dem noch einige folgen müssen. Wir sind gespannt, was noch kommen wird und halten euch am Laufenden.