Ein Rad wie ein fluoreszierender Blitz: Zwei Brüder und ihr BuddyBike
Die Brüder Mike und Frank aus Berlin haben zusammen ein Nebeneinandem aus den 80ern restauriert und verlegen ihren Männerabend zweimal pro Monat auf das Rad.
Wo bei anderen eine Kommode steht, steht bei Mike ein Fahrrad. Ein quietschgelbes Tandem, auf dem man neben- statt hintereinander sitzt. Mike hat es vor fünf Jahren mit seinem Bruder Frank für 130 Euro gekauft und aufwändig restaurieren lassen. Nur wenige Exemplare dieser sogenannten BuddyBikes oder Nebeneinandems nach einem Patent des US-Bastlers Bob Barrett von 1977 sind erhalten, da der Hersteller früh in Konkurs ging. Somit ist es als Original aus den 80ern eine echte Rarität und steht eben nicht irgendwo, sondern am sichersten Ort im Haus: in Mikes Schlafzimmer. Seine Freundin hat sich mittlerweile damit abgefunden, jeden Morgen an dem gelben Ungetüm vorbei ins Badezimmer zu schlurfen.
Klare Rollenverteilung auf dem Rad
Ein- bis zweimal pro Monat drehen Mike und Frank damit ihre Runden. Da nur der rechte Fahrer lenkt, bremst und schaltet, ist der linke als reiner Beifahrer dem rechten ausgesetzt. Das erfordere eine gewisse Vertrauensbasis, so Mike. „Frank findet es eigentlich ganz schön, die Verantwortung abzugeben. So kann er sich in Ruhe nach den jungen Damen umgucken und sich während der Fahrt vorne aus dem Bierkasten was zum Trinken rausholen.“
Radfahren als Geschwister-Kitt
Erst mit dem Rad sei ihr Männertag richtig in Gang gekommen. Natürlich könnten sie nebeneinander in einer Bar sitzen, so Mike, aber diese Mischung aus draußen eine Runde durch Berlin zu fahren, die Stadt aufzusaugen und sich dabei zu unterhalten, sei unschlagbar. Daran schätzen gelernt hat Mike vor allem das Kommunikative. Er fährt zwar manchmal auch mit seiner Freundin. Aber am liebsten mit seinem Bruder.
„Mit Frank fahre ich von Anfang an. Das war unsere Idee, unser gemeinsames Projekt. Das schweißt uns als Geschwister zusammen. Wir starten immer mit derselben Runde am Brandenburger Tor vorbei, fahren irgendwohin, schwatzen, lassen uns treiben. Rasen können wir sowieso nicht, weil wir den Luftwiderstand einer Schrankwand haben.“
Tandem als Eisbrecher
Sogar in Berlin, wo es nichts gibt, was es nicht gibt, erregen die Brüder mit ihrem Gefährt Aufmerksamkeit. Mike vergleicht das Tandem daher gern mit einem „fluoreszierenden Ferrari“: die Leute schauen immer zweimal, sind verdutzt. Ein Rad, aber zwei Menschen – nebeneinander? Sie fallen auf, weil sie auf den ersten Blick wie ein normales einspuriges Fahrrad aussehen und erst auf den zweiten klar wird, dass es sich hier um etwas Besonderes handelt.
„Wenn wir irgendwo stehen, werden wir ganz oft angesprochen. Bei vielen Leuten folgt auf das erste Erstaunen ein Lachen, und wir freuen uns dann mit. Deswegen macht uns das so viel Freude: dieses menschliche Zusammenkommen über ein Stück Stahl.“
Für die berufstätigen Brüder in den Vierzigern ist das Nebeneinandem viel mehr als ein reines Fortbewegungsmittel. Längst ist es in den Status eines „Familienbesitzes“ erhoben worden: Ausgewählte Dinge, die in ihrer Familie niemals verkauft, verschenkt oder veräußert werden dürfen. Die keinem einzelnen Familienmitglied gehören, sondern allen. Es hat einen hohen ideellen Wert. Und kostbare Dinge hütet man – bei Mike eben im Schlafzimmer.
Eine private Seite gibt weitere Informationen zur Geschichte des BuddyBikes: http://www.buddybike.de/buddybike.htm
Foto © BuddyBike.de, © Saskia Bellem & © Wikipedia
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