Das urbane Fahrradmagazin

Mit dem BiciBus zur Schule

Mit dem Fahrrad sicher zur Schule zu kommen - das ist für viele Kinder und deren Eltern in den unterschiedlichsten Städten oft eine echte Herausforderung. Ob es am Straßenverkehr liegt, nicht existierenden oder unzureichend ausgebauten Fahrradstraßen oder am Problem der Elterntaxis- eine sichere Fahrt zu Schule oder Kindergarten ist nicht überall selbstverständlich. Für jedes Problem gibt es eine Lösung und die nennt sich in diesem Fall „BiciBus“. Um genaueres über diese Initiative zu erfahren, haben wir uns mit den Initiatoren des ersten Deutschen BiciBusses in Köln Simone und Klaus Markl unterhalten.

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Im Rahmen des Bachelorstudiums Marketing & Sales gilt es die Theorie in der Praxis anzuwenden. Deshalb hat es die sportbegeisterte Verena zu Bike Citizens verschlagen, wo sie als Marketing Assistenz ihr Berufspraktikum absolviert. Doch auch in der Freizeit kommt die Bewegung nicht zu kurz, egal ob es eine Radtour ist, eine Bergwanderung, ein Lauf mit dem Hund oder das Training im Fitnessstudio – Sport muss in der täglichen Routine inkludiert sein.
© BiciBus Deutschland

Was ist „BiciBus“?

Ursprünglich stammt die Initiative BiciBus aus Spanien. Bici steht für das spanische Wort Bicicletta, das bedeutet übersetzt Fahrrad. Ein Bus ist jedermann durch den Straßenverkehr bekannt, in diesem Zusammenhang bedeutet das Wort Bus, laut Deutscher-Straßenverkehrsordnung, Verband. Grundsätzlich gilt, dass mindestens 15 Personen beim BiciBus mitfahren müssen, um als ein Verband zu gelten.

 

© BiciBus Deutschland

Wie läuft das ab?

Radfahrer*innen treffen sich an bestimmten Orten, zu bestimmten Zeiten und sobald genügend Teilnehmer*innen da sind, fährt die geschlossene Gruppe los. Die Routen werden von den Schulen mit der Hilfe von Familie Markl vorgeplant. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche zu animieren, den Weg zur Schule gemeinsam mit dem Rad zurückzulegen.

Wir haben uns gefragt, was passiert, wenn der BiciBus in eine Ampel einfährt und diese dann bei der halben Gruppe auf rot schaltet? Herr Markl konnte mir das mittels eines Beispiels gut erklären:

Wenn die Spitze der Gruppe bei einer grünen Ampel in eine Kreuzung hineinfährt und die Ampel schaltet auf rot, dann muss die Gruppe nicht geteilt werden. Die geschlossene Gruppe darf weiter über die Kreuzung fahren, denn sie wird als ein Fahrzeug betrachtet.

 

Klaus Markl

Was ist die Ambition hinter diesem Projekt?

 

 

 

Es sind zu viele Autos und Elterntaxis unterwegs. Im Zeichen der Klima- und Verkehrswende können wir nur erfolgreich sein, wenn wir die Jüngsten involvieren. Denn wenn wir die Kinder jetzt ans Rad gewöhnen sind sie diejenigen, die dann im Erwachsenenalter auch das Auto stehen lassen und ihre Kinder mit dem Rad zur Schule bringen.

Simone Markl

Es soll also ein Kreislauf entstehen, dem viele positive Effekte folgen.

Wie ist die Familie Markl auf BiciBus aufmerksam geworden?

Frau Markl erkannte das große Potenzial der Initiative durch ein aus Barcelona stammendes Video, das sie auf Twitter gesehen hat. Außerdem ist ihnen immer öfter aufgefallen, dass viele Kinder nicht mehr Radfahren können. Ein Nachbar der Familie ist Grundschullehrer und berichtete den beiden, dass nur noch 60% der Schüler*innen mit dem Rad fahren können. Diese Prozentzahl ist schon bedenklich, jedoch noch erschreckender ist, dass von diesen 60% der fahrradfahrenden Kindern mehr als ein Viertel in der vierten Klasse bei der praktischen Fahrradführerscheinprüfung durchfallen. Der Grund, warum diese Kinder die Prüfung nicht bestehen ist meist, weil sie nicht in der Lage sind auch nur eine Hand vom Lenker zu nehmen.

Alles, was bis zum sechsten Lebensjahr motorisch oder koordinativ versäumt wurde, kann nur noch schwer nachgeholt werden, da die motorische Entwicklung in diesem Alter schon zu 80% abgeschlossen ist.

Klaus Markl

Grundsätzlich war die Message dahinter, dass die Kinder zu spät aufs Fahrrad gesetzt werden und somit die Motorik der Jüngsten nicht gefördert wird.

© BiciBus Deutschland

Wie sieht es mit der Verantwortung aus, falls doch etwas passieren sollte?

Die Frage der Verantwortung ist natürlich für die Lehrer*innen, Direktor*innen und Eltern von großer Bedeutung. Es gilt, dass die Kinder auf dem Weg zur Schule und auch am Heimweg unfallversichert sind. Es wäre also im Sinne der Verantwortung nicht von Bedeutung, wie oder mit welchem Verkehrsmittel das Kind in die Schule kommt. Dennoch müssen je nach Altersstufe mehr oder weniger Begleitpersonen vor Ort sein. Eine definierte Altersgrenze, der Begleitpersonen gibt es nicht. Es sollen sogar Schulungen für Jugendliche, die sehr sicher am Rad sind, angeboten werden. Ab einer gewissen Gruppengröße ist es laut Gesetzgeber zu empfehlen, die Gruppe zu splitten. Dies erfolgt aber auf Eigenverantwortung. Also gilt auch in diesem Fall, dass es keine vordefinierte maximal Größe gibt, ab der die Gruppe aufgeteilt werden muss.

Was ist das Ziel dieses Projekts?

 

„Wenn man wartet, dass etwas von selbst passiert, dann wird nichts passieren. Man muss es selbst in die Hand nehmen und man muss es forcieren.“

Simone Markl

Ziel ist es, Sicherheit zu vermitteln, indem eine ganze Fahrspur von der Fahrradgruppe eingenommen wird. Ängste, wie zu knapp von Autos überholt zu werden oder abgedrängt zu werden, sollen somit passé sein. Es soll deutschlandweite Resonanz insbesondere bei politisch Verantwortlichen, was die Verkehrssituation angeht, erzielt werden. Auch die Installation des Bicibusses als Teil der Verkehrswende, zur Ergänzung als Verkehrsmittel und vor allem als Ersatz der Elterntaxis steht im Vordergrund. Der Weg ist das Ziel und es ist einfach zu spät, wenn sich Kinder erst in der vierten Klasse, im Rahmen des Fahrradführerscheins, mit dem Thema Radfahren auseinandersetzen. Man muss Kinder schon im Kindergartenalter aufs Fahrrad setzen, um Koordination und Motorik früh zu fördern.

Wie kann die Politik helfen?

Ein wichtiger Punkt ist, dass mehr geschützte Fläche zum Fahrradfahren angeboten wird. Schulhöfe, die während der Sommerferien oder nach dem Unterricht leerstehen, könnten von Kindern in ihrer Freizeit für Fahrradparcours genützt werden. Spiel, Spaß und Freude am Fahrrad soll auf geschützten Flächen beginnen, um zuerst ein Gefühl von Sicherheit am Rad zu bekommen. Viele Personen haben auf den Straßen Angst vor Rasern und rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer*innen, weil es einfach viel zu wenig geschützte Fahrradwege gibt. Aus diesem Grund plädiert die Familie, für innerstädtisch flächendeckend 30 km/h Höchstgeschwindigkeit, was für mehr Sicherheitsgefühl sorgen würde. Natürlich gibt es für die Initiative Bicibus noch Erklärungsbedarf, da es ein neues Thema ohne Erfahrungswerte ist. Schuldekanat sollten Feedback über das Projekt an das Stadtschulamt geben und diese sollten diese Informationen, dann an andere Schulen weiterleiten. Mit derartiger Unterstützung müsste Familie Markl nicht mit jeder Schule zeitaufwendige Einzelgespräche führen.

Unsere Meinung

Kinder sind die Zukunft und wenn man ihnen bereits früh einen verantwortungsbewussten Umgang mit Umwelt und Menschen lehrt, werden sie und die Gesellschaft davon in Zukunft profitieren. Laut Frau Markl gibt es bereits Anfragen aus Österreich und Bike Citizens heißt solche Initiativen natürlich sehr willkommen. Es ist auch geplant, dieses Projekt nicht nur für Schulen, sondern auch Kindergärten, Universitäten und Arbeitsstätten durchzuführen. Hier ist natürlich auch der Einsatz der Politik gefragt. Zu guter Letzt, muss noch ein großes Dankeschön an Familie Markl für ihren Mut und ihr Engagement ausgesprochen werden und das Bike Citizens Team wünscht mit dem Projekt BiciBus noch viel Erfolg.

 

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Im Rahmen des Bachelorstudiums Marketing & Sales gilt es die Theorie in der Praxis anzuwenden. Deshalb hat es die sportbegeisterte Verena zu Bike Citizens verschlagen, wo sie als Marketing Assistenz ihr Berufspraktikum absolviert. Doch auch in der Freizeit kommt die Bewegung nicht zu kurz, egal ob es eine Radtour ist, eine Bergwanderung, ein Lauf mit dem Hund oder das Training im Fitnessstudio – Sport muss in der täglichen Routine inkludiert sein.
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