„PING if you care!“ – Kleiner Knopf(druck). Große Wirkung. Spannende Ergebnisse!
Brüssels Radfahrer/innen nahmen über "PING if you care!" aktiv an der Stadtentwicklung teil. Jetzt wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Sie gewähren einen spannenden Einblick in den Status Quo der Verkehrsinfrastruktur aus Perspektive der Radfahrer/innen. Jetzt kann die Stadt Maßnahmen schnell und effizient anvisieren!
Zwischen Mai und November 2017 nahmen Radfahrende in Brüssel aktiv an der Stadtentwicklung teil. Gemeinsam mit Mobiel 21, der flämischen Vereinigung für nachhaltige Mobilität, der Stadt Brüssel und den Bike Citizens war es das Ziel die Stadt fahrradfreundlich zu gestalten. Die Kombination aus PING Button und Bike Citizens App ermöglichte eine direkte und transparente Kommunikation mit der Stadt Brüssel. Sie finanzierte die Kampagne zur Gänze.
PING! Wie funktioniert’s?
Auf den Fahrrädern der teilnehmenden Radfahrer/innen wird ein Bluetooth-Knopf am Lenker montiert. Durch Drücken des Knopfs können prekäre Verkehrssituationen „gepinged“, also markiert werden. Jede PING–Situation kann nach der Fahrt mit Hilfe der Bike Citizens App kategorisiert werden. Dazu gehören die Fahrbahnoberfläche, Sichtverhältnisse, infrastrukturelle Gestaltung, Verkehrsampeln, Kreuzungskonflikte oder das Empfinden von Stress.
PING! Die Studie
Insgesamt pingten 404 Teilnehmende mindestens einmal im Aktionszeitraum. Davon sind rund 66% Männer und 34% Frauen. Das Projekt erfasste insgesamt 39.887 PINGs in der Laufzeit von sieben Monaten. Dabei galt es folgende vier Forschungsfragen in Bezug auf die Stadt Brüssel zu beantworten:
- Was macht laut Radfahrenden das Radfahren unsicher?
- Was sind Hotspots für Radfahrende und warum?
- Reagieren verschiedene Radfahrende unterschiedlich sensibel auf Probleme bezüglich Verkehrssicherheit?
- Wie wirkt sich die Tageszeit auf die Sicherheit im Straßenverkehr aus?
Wer pingt wann und warum?
Durch die Beantwortung von personenbezogenen Fragen bei der Registrierung wird Herr und Frau Durchschnitts-PING charakterisiert: 74% aller Teilnehmenden wählen 2 bis 3 Mal pro Woche das Fahrrad als Transportmittel. Die Hauptaltersgruppe liegt zwischen 29 und 48 Jahren. 92% davon sind berufstätig, weshalb auch das Ergebnis zur Haupt-PING-Zeit wenig überrascht: Die meisten PINGs werden im Frühverkehr zwischen 6:00 und 9:00 Uhr oder zur Rush Hour am Nachmittag zwischen 15:00 und 19:00 geteilt.
Ergebnis 1: Infrastruktur
Brüssels Radfahrenden mangelt es vorrangig an guter Infrastruktur. Rund 60% der Teilnehmende pingen Radwege die entweder zu eng oder mit Fußgänger/innen zu teilen sind. Ebenso verhält es sich mit schlechten Straßenverhältnissen: Risse und Löcher, beschmutzte Fahrbahnen, lückenhaftes Kopfsteinpflaster sowie Buckel im Straßenprofil sind mit 7.217 PINGs die am häufigsten geteilte Kategorie.
Ergebnis 2: Konfliktsituationen mit anderen Verkehrsteilnehmenden
Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmende an Kreuzungen oder auf Radwegen werden ebenso regelmäßig geteilt. Dabei sind parkende Autos auf Radwegen das häufigste Problem. Besonders oft gepingt wurde diese Kategorie auf der Avenue Ducpétiauxlaan. Sie erhielt mit 104 PINGs die höchste Anzahl an PINGs in einer Kategorie. Bei genauerer Betrachtung der Daten stellte sich jedoch heraus, dass diese Zahl durch eine Gruppe vonTeilnehmenden erreicht wurde, die wiederholt an der der selben Stelle den PING Button drückte. Genau deshalb erfordert das Identifizieren von Hotspots eine genauere Analyse der jeweiligen Straße um Fehlinterpretationen vorzubeugen.
Ergebnis 3: Sicherheitsgefühl
Interessant ist, dass der Vergleich der Zielgruppen und PING-Verhalten zeigt, dass Frauen wie Männer durch alle Altersgruppen hindurch ihre Auffassung von Sicherheit im Straßenverkehr teilen. Das widerlegt das Vorurteil, Frauen fühlen sich im Straßenverkehr allgemein unsicherer als Männer. Fraglich ist jedoch der Einfluss der Verkehrserfahrung. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl an erfahrenen Radfahrenden – im Schnitt gaben 91% an seit mindestens 1einem Jahr Rad zu fahren – lässt sich nur vermuten, dass unerfahrene Teilnehmende Verkehrssituationen gefährlicher einstufen als erfahrene.
PING! Ursachenanalyse und Chance
Gerade das Zusammenspiel zwischen Einbindung der radfahrenden Bevölkerung und der Bereitschaft der Politik Veränderungen anzupacken machen PING if you care! zu einem Werkzeug, mit dem Potential konventionelle Planungsstrategien zu ersetzen. Dass Ballungsräume mit Mobilitätsproblemen enorm zu kämpfen haben ist nichts Neues und für die Verantwortlichen ist es oft schwierig Ursachen ausfindig zu machen und diese zu beheben. Mit dem Projekt PING if you care! ist das Problem Vergangenheit. PING if you care!-Daten zeigen klar wo und in welchem Ausmaß Defizite vorliegen. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur lassen sich so zielgerecht anvisieren und effizient umsetzen.
Engagiere dich!
Du möchtest jetzt deine Stadt per Knopfdruck sicherer gestalten und deinen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrsicherheit leisten? Dann schreib uns eine Mail an >> info@bikecitizens.net
Mehr Infos zu PING if you care!
Der Artikel in unserem Urban Independence Magazin PING if you care! (Juni 2017)
Die Website zu PING if you care! Making cycling safer in Brussels.
Die gesamte Studie und Ergebnisse aus Brüssel zu PING if you care! (Juni 2018)
Über den Autor
Thomas Rottensteiner wohnt seit 2015 in Graz. Er stellte schnell fest, dass man dort am besten auf das Rad vertraut. Als Student der Fachhochschule Bad Gleichenberg, einem beschaulichen Ort in der ruhigen Südoststeiermark, genießt er neben der Stille auch das urbane Leben mit allen seinen Facetten. Thomas unterstützt die Bike Citizens als Praktikant im Communications Department.