Das urbane Fahrradmagazin

Bike Citizens Guide to Vienna – Teil 2

Wer? Wo? Wann? Wie? – Weiter geht's mit dem zweiten Teil der Bike Citizens guide to Vienna-Reihe. Nachdem ihr nun bereits bestens über Community-Locations, regelmäßig stattfindende Events und Aktivitäten in Wien informiert seid, könnt ihr direkt eintauchen in die bunte Welt der Wiener Fahrradkultur. Doch halt! Ein paar kleine Details gibt es noch, die dir den Alltag versüßen werden.

Fotos © Florian Spielauer

Fahrradreparatur und Fahrradwerkstätten

Räder sind neben schönen und treuen Lebensbegleitern vor allem Gebrauchsgegenstände, die Wind und Wetter, Kopfsteinpflaster, Gehsteigkanten und Schlaglöcher, Salz und Kälte im Winter, sowie Trockenheit und Hitze im Sommer ausgesetzt sind. Da ist es nur logisch, dass hin und wieder etwas ersetzt oder repariert werden muss.

Anlaufstelle für Selbstmacher und Kleinreperaturen

Abhilfe schafft zum Beispiel die von den Wiener Grünen ins Leben gerufene Radrettung, eine mobile Fahrradwerkstatt, an der man kleine Reparaturen und Service-Arbeiten beheben lassen kann. Bis Anfang August ist die Radrettung überall im Wiener Stadtgebiet unterwegs, die „Haltestellen“ sind auf der Homepage zu finden.

Selbermacher haben in Wien etliche Möglichkeiten, selbst und ohne eigenes Werkzeug an ihrem Fahrrad herumzuwerkeln.

Die in Teil 1 erwähnte bikekitchen Wien ist dafür nur eine von vielen weiteren Alternativen. Dienstags und mittwochs von 15 bis 19 Uhr hat die DIY-Fahrradwerkstatt im WUK (Währinger Straße 59) offen und bietet für einen kleinen Werkzeugabnutzungsausgleichsbetrag viel Platz zum Bauen, Reparieren und Mängel beheben. Ein umfangreicher Werkzeugfundus und ein reiches Ersatzteillager sollten jegliche Arbeiten am Rad ermöglichen, und wenn mal was nicht klappt oder man nicht mehr weiter weiß, kann man einen hilfsbereiten, ehrenamtlichen Werkstättenbetreuer um Hilfe bitten.

Außerdem gibt es jeden ersten Mittwoch im Monat von 15 bis 17 Uhr einen Fahrradflohmarkt im WUK. Wer zuerst kommt, radelt am besten.

In kleinerem Maßstab, dafür umso gemütlicher geht’s in der Flickerei in der Marxergasse 24 (3. Bezirk) zu. Jeden Dienstag ab 16 Uhr wird hier geputzt, repariert, geschraubt, gebaut und natürlich geflickt. Die Hobbyzweiradmechaniker oder Flicker (wie sie sich selbst betiteln) sind zwar nicht perfekt ausgestattet, dafür höchst motiviert und gierig auf neue, lustige und spannende Werkstatt-Experimente.

Der Fixie-Spezialist, sowie Shops und Reperaturstätten

FixDich Fahrradshop

Fotos © Bike Citizens

Wer sich selber eher nicht traut, Hand am reparationsbedürftigen Gefährten anzulegen, dem sei eine der zahlreichen Fahrradwerkstätten in Wien empfohlen. Je nach Untersatz gibt es darunter verschiedene Spezialisten, wie zum Beispiel den bereits erwähnten FixDich-Shop, der nicht nur Fixies und Singlespeed-Räder aufbaut und verkauft, sondern deinen Stadtflitzer auch wieder fit für neue Ausfahrten macht.

Auch der im Durchgang zwischen Lerchenfelderstraße und Neustiftgasse etwas versteckt gelegene Citybiker bietet neben dem Verkauf von schönen Stadtrad-Blickfängen, Bike-Parts und Accessoires mit Qualität und einer Priese Extravaganz, Reparaturarbeiten am geliebten Wegbegleiter an.

Eine weitere Empfehlung in Sachen Custom-Bicycle-Aufbau ist der ebenfalls im ‚Siebten‘ zu findende Shop Botenstoff (Zieglergasse 78), dessen Betreiber selbst schon jahrelang als Kuriere in Wien unterwegs sind und dementsprechende Erfahrung in Sachen Haltbarkeit und Qualität von Parts und Rahmen mitbringen. Vor allem Rennräder, aber auch andere Stadtflitzer können hier zusammengestellt und selbstverständlich auch repariert werden lassen.

Fahrradspezialisten fürs Rennrad, E-bike und Mountainbike

Ebenfalls im Rennradsegment anzusiedeln ist der wohl traditionsreichste Fahrradladen Wiens, der Rih Radsport in der Praterstraße 48. Die ehemalige Rennradrahmen- und Track-Frame-Schmiede hat ihre Rahmenbautätigkeit leider eingestellt, Verkauf und Reparatur wird aber weiterhin mit echtem Wiener Charme angeboten.

Wer sich mit eher wenig Anstrengung, aber trotzdem schnell durch die Stadt bewegen will, findet in der Westbahnstraße 26 vielleicht etwas Geeignetes. Dort ist der Elektrobiker angesiedelt, der den Trend zum angetriebenen Radeln erkannt hat und seitdem die neuesten und schnittigsten E-Bikes am Markt anbietet. Auch wenn das Pedelec mal streiken sollte, ist dies die richtige Adresse, um es wieder auf Vordermann bringen zu lassen.

Wiener, die sich auch gerne mal im Dreck, Schlamm, über Wurzeln oder über Stock und Stein bewegen, sei der Mountainbiker in den Stadtbahnbögen 145-150 und der Ciclopia in der Stiegengasse 20 ans Herz gelegt. Sehr gute Beratung, hochwertige Bikes und Zubehör, sowie eine äußerst fachkundige Werkstattcrew haben beide Shops gemein. Und auch wenn man auf der Suche nach einem High-End-Carbon-Super-Sportgerät ist, egal ob für Gelände oder Straße, wird man hier sicher fündig.

Beste Pflege fürs Stadtrad

Selbstverständlich gibt es auch weniger spezialisierte Shops und Werkstätten, wie zum Beispiel das Radhaus Singer direkt gegenüber dem Hintereingang der Hauptuni (Reichsratsstraße 13). Hier findet ein Stadtradler alles, was sein Rad begehrt – und wenn es gerade nicht lagernd ist, ist die Bestellung meist am Folgetag schon da. Ein netter, kleiner und sympathischer Laden mit kompetenten Mechanikern und fairen Preisen. Aufgrund seiner Lage natürlich bestens für studentische Bedürfnisse geeignet.

Auch die Cooperative Fahrrad im 6. Wiener Gemeindebezirk (Gumpendorfer Straße 111) ist mit einem guten Angebot an Rädern, Fahrradteilen und Mechanikerkompetenz ausgestattet. Jegliche Art von fahrbarem Untersatz ist hier zu finden und zur Wiederherstellung abzugeben.

Ausschließlich für Reparaturen und Instandsetzungen seien hier noch zwei kleine, aber sehr sehr feine Radwerkstätten genannt.

Zum einen findet sich die mit der Ciclopia in Kooperation stehende Radwerkstatt in der schon erwähnten Hasnerstraße. Hier wird man kompetent und sympathisch beraten, alle möglichen Pannen und Defekte werden behoben – und wenn mal gar keine Hoffnung mehr auf Erfolg besteht, werden Rahmenrohre oder sonstige noch zu gebrauchende Teile recycled und für neue, meist sehr kühne und spannende Projekte wiederverwendet.

Und auch in Margareten (5. Bezirk) gibt es eine solch feine kleine Anlaufstelle, nämlich am Mittersteig 4. Das Radhaus, auch bekannt als ‚diesupertolleradwerkstatt‘, ist mittlerweile weit über die Bezirksgrenzen hinaus berühmt.  Dort repariert man mit Herz Fahrräder aller Art und ist sich niemals zu schade dafür, auch ältere oder exotischere Modelle wieder zum Fahren zu bringen. Das siebenköpfige Kollektiv ist immer bemüht, für alles eine passende Lösung zu finden und setzt dabei möglichst auf Wieder- und Weiterverwendung.

Peter Bullitt Heavy Pedals

Fotos © Heavy pedals

Lastenräder – mieten, kaufen oder einfach transportieren lassen

Auch für Liebhaber großer und schwerer Begleiter hat Wien etwas zu bieten. Die Heavy Pedals, am Hundsturm 1 zu finden, bieten eine reichliche Palette an Lasten-, Schwertransport-, Personen- und Kinderbeförderungsrädern an. Auch eine Auswahl an Fahrradzubehör wie Schlösser, Gepäckträger, Anhänger und Taschen sowie Bike Polo Teile kann hier bezogen werden.

Aber damit nicht genug – neben dem Verkauf betreiben die Heavy Pedals auch einen Lastenradbotendienst, mit dem man schwere und große Sendungen einfach und ökologisch in der Stadt verschicken kann.

Und wer seinen Umzug oder Einkauf lieber selbst durch die Stadt radeln will, der kann sich ganz einfach ein Lastenrad oder einen Anhänger bei den Heavy Pedals leihen bzw. mieten.

Eine weitere Möglichkeit, ein Lastenrad zu nutzen ohne sich ein eigenes anschaffen zu müssen, bietet das 2010 gegründete Lastenradkollektiv – kurz LRK. Privat zur Verfügung gestellte Lastenräder und Anhänger können hier auf Solidaritätsbasis ausgeliehen und genutzt werden.

 

Fahrradverleih und Shared-Bike-System

Perfekt zum „Sich-Selbst-Transportieren“ ist das gut ausgebaute Shared-Bike-System, Citybikes. Vor allem für Touristen  bietet sich damit eine Gelegenheit, die Stadt ganz leicht per Fahrrad zu erkunden und zu erleben anstatt sich „blind“ im Untergrund von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten shutteln zu lassen. In Kombination mit dem Bike Citizens Bike-Sharing-Routing wird man per Fußmarsch zur nächstgelegenen Ausleihstation geleitet, sowie mit dem Fahrrad zur nächsten freien Rückgabestation.

Wer nicht selbst in die Pedale treten möchte, kann alternativ ein FAXI bestellen, das erste Wiener Fahrradtaxi.

Aber auch für die Wiener sind die Stadtleihräder immer wieder nützlich. Für eine einmalige Anmeldegebühr von 1€ kann man immer wieder auf’s Neue eine ganze Stunde lang kostenlos von Station zu Station radeln. Man braucht kein schweres Schloss, man muss sich nicht merken, wo man sein Rad abgestellt hat und kann an jeder der 120 Stationen Räder abgeben und ausleihen. So wird ein Ausflug in den Wiener Prater zur gemütlichen Spazierfahrt: Zuerst per Citybike zur Station Kundmanngasse, dann zu Fuß durch den sommerlich grünen Prater, und anschließend von der Station Südportalstraße oder Praterstern wieder retour in die Stadt.

Natürlich gibt es in der Hauptstadt neben dem Transport von Personen und Lasten auch etliche Optionen, Dokumente, Briefe und kleine bis mittelgroße Pakete innerhalb der Stadt zu versenden.

Fahrradbotendieste

Fahrradbotendienste gibt es in ganz unterschiedlichen Varianten, Farben, Gesellschaftsformen und Größen. Dabei sind Veloce mit ihren neongelben Rucksäcken, und GO! in blau die wohl bekanntesten und größten Kurierfirmen Wiens. Neben Fahrradboten bieten sie auch Pkw- und Lkw-Transporte an – genau wie Direkt.

Ausschließlich auf Fahrrädern sind die grünen Flitzer von Spinning Circle und die Boten des kleineren Radbotenkollektivs Hermes (in rot gehalten) unterwegs. Beide Firmen bedienen das komplette Stadtgebiet Wiens, fahren also auch bis an die Grenzen der Außenbezirke Floridsdorf, Donaustadt und Liesing.

Radwegenetz und Radrouten in Wien

Zu den meistbefahrensten Radwegen Wiens zählen sicherlich der Ring-Radweg und der Gürtelradweg. Beide verlaufen parallel zur Autofahrbahn und zum Gehweg. Und bei beiden ist an manchen Stellen Vorsicht geboten.

Am Ring-Radweg kommt es an einigen Stellen vor, dass sich Fußgänger und Radfahrer in die Quere kommen, da sich ihre Wege kreuzen bzw. die Seite tauschen. Dies ist zum Beispiel zwischen der Station Dr. Karl-Renner-Ring und dem Parlament der Fall. Auch der massive Touristenstrom zwischen Museumsquartier und Hofburg sorgt am Ring-Radweg vor der Einfahrt zum Heldenplatz immer wieder für viel Unmut unter Radler. Außerdem birgt die latente Nähe des Radweges zu den Bim-Stationen der Ringbahn eine Überschneidungszone zwischen Fußgänger und Radlern, da der Radweg oft einfach ignoriert oder übersehen wird – oder erst wahrgenommen wird, wenn Fußgänger die rote Farbe unter ihnen erkennen, dann aber schon mitten auf dem Radweg stehen. Dies ist zum Beispiel auf der Höhe Stubentor der Fall. Kleiner Tipp: Hier steht oft die (Fahrrad)Polizei und ’sorgt für Ordnung‘.

Und auch der Gürtelradweg hat seine Tücken. Hier gibt es vor allem eine Stelle, an der Touristenmassen auf Radfahrer treffen, nämlich am Übergang vom Westbahnhof zur dazugehörigen U-Bahn-Station. Gut aufpassen muss man außerdem im Abschnitt zwischen den U-Bahn-Haltestellen Josefstädter Straße und Thaliastraße. Vor allem abends findet hier vor den Gürtelbogenlokalen reges Treiben statt, und der Radweg wird hier eigentlich durchgängig als Gruppentreffpunkt oder alternativ als Glascontainer zweckentfremdet.

Am Urban-Loritz-Platz kreuzt auf Höhe Kandlgasse sogar die Bimtrasse den Radweg, was regelmäßig zu heftigem Geläute und Gebimmel führt – hat die Bim vielleicht daher ihren Namen? Man weiß es nicht.

Abschließend sei vielleicht noch die Innenstadtquerung erwähnt. Wie man von der Oper zum Schottentor kommt, ist noch einigermaßen klar. Wie schafft man es allerdings vom Schottentor zum Stadtpark ohne Absteigen und Regelbruch? Oder vom Schwarzenbergplatz zur Börse? Für ortsunkundige Menschen fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Der geneigte Bike Citizens Magazin-Leser wird jetzt vermutlich antworten: „Na, mit eurer App natürlich.“

Stimmt!

Keine weiteren Fragen.

Die Spannung bleibt – die Zukunft zeigt’s

Man darf also gespannt sein, wie bzw. wie schnell sich der Radverkehr in Wien entwickelt und ob die geplanten Ziele für die kommenden Jahre tatsächlich erreicht werden. Letztendlich liegt es ja doch immer an uns Citizens, Veränderungen anzukurbeln, in Gang zu setzen und zu beschleunigen.

Fotos © Bike Citizens, Heavy pedals, Florian Spielauer

Entdecke die Welt von Bike Citizens > magazine.bikecitizens.net

Interessiert dich das Magazin?
Jetzt schmökern