Das urbane Fahrradmagazin

Berlin startet mit Volksentscheid Fahrrad durch

Noch fünf Tage ist aktive Bürgerpartizipation in Berlin gefragt. Bis Sonntag, den 10. Juni 2016, sammeln die Freiwilligen des Volksentscheid Fahrrads Unterschriften für die Umsetzung des Entwurfs des Berliner Radverkehrsgesetz (BerRG). Mindestens 20.000 gültige Unterschriften werden benötigt, damit der Antrag dem Berliner Senat vorgelegt werden kann und der Vorschlag in einer zweiten Phase zu einem Volksbegehren wird.

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Als Orientierungs-Chaotikerin mit Leidenschaft zum Radfahren entwickelte sich die Bike Citizens App für Elisabeth schnell zum treuen Wegbegleiter in Berlin. Seit nunmehr zwei Jahren ist sie Teil des Bike Citizens Team in Graz und bastelt selbst als Head of Communications an den neuen Ideen und Projekten mit.
Foto: Initiative Volksentscheid Fahrrad

Endspurt beim Unterschriften sammeln

Volksentscheid Fahrrad, Beginn der Unterschriftensammlung

Foto: Initiative Volksentscheid Fahrrad

Mehr als 30 Engagierte haben monatelang die Sammlung vorbereitet und Material sowie Schulungen für das Sammeln organisiert. Viele engagierte Helfer waren in den vergangenen Wochen für den Volksentscheid Fahrrad auf den Berliner Straßen unterwegs. Als großem Vorteil gegenüber anderen Volksentscheiden scherzt Denis Petri, der die Sammlung vorbereitet hat: „Wir erkennen die Radfahrer an ihrem Fahrrad – das macht es für uns leichter als bei anderen Volksentscheiden“. Im Endspurt  spielte sicherlich die ADFC-Sternfahrt eine bedeutende Rolle, um die 20.000 Unterschriften-Grenze zu erreichen, oder sogar zu übertreffen. Jeder kann die Unterschrift-Aktion ganz einfach unterstützen. Mehr Informationen zum Unterschriften sammeln gibt es unter Volksentscheid Fahrrad.

13 Euro für Einwohner und Jahr

Der Radentscheid rechnet bei der Umsetzung des BerRG mit Kosten von 13 Euro pro Einwohner und Jahr. Das ist weniger, als Berlins Partnerstädte London und Paris für den Radverkehr investieren. Selbst Kopenhagen mit seiner bereits gut ausgebauten Radinfrastruktur gibt 21 Euro pro Einwohner und Jahr aus.

Pro Jahr sind das 45 Mio. Euro, auf das Radverkehrsgesetz insgesamt hochgerechnet 320 Millionen Euro. Enthalten sind in dieser Summe ein angemessener Verteuerungsfaktor für Großprojekte sowie Einsparungen für das Land Berlin durch eine kluge Verkehrspolitik: Schnellere und pünktlichere Busfahrpläne führen zu Einsparungen beim Fahrzeug- und Personaleinsatz. Großvolumige Ausschreibungen ermöglichen Einsparungen in der öffentlichen Beschaffung, genügend Verwaltungsmitarbeiter können anders als heute auch öffentliche Gelder vom Bund und der EU akquirieren.

Der Senat rechnet hingegen mit Kosten von 85 Euro pro Einwohner Jahr, entsprechend 2,16 Mrd. Euro. Die Initiative hat bei ihrer Kostenschätzung die vom Senat in mehreren Kleinen Anfragen offengelegten Kostensätze verwendet. Der Aufschlag des Senats wird in Ruhe zu prüfen sein, um festzustellen, ob er gerechtfertigt ist.

Entwürfe der Straßen in Berlin nach dem BerRG:

Vision Tempelhofer Ufer, Composing: Rabea Seibert

Vision Tempelhofer Ufer, Composing: Rabea Seibert

Vision Kreuzung Warschauer Straße (Foto: Wibke Reckzeh, Bearbeitung: Rabea Seibert)

Kreuzung Warschauer Straße mit Bordstein-Inseln, die den toten Winkel minimieren und Abbiege-Unfälle verhindern können Foto: Wibke Reckzeh, Bearbeitung: Rabea Seibert

Vision Fahrradstrasse, Composing: Rabea Seibert

Vision Fahrradstrasse, Composing: Rabea Seibert

-Update vom Text vom 23.03.2016 (nachfolgend) –
Die Initiative Volksentscheid Fahrrad Berlin hat am vergangenen Wochenende den ersten Entwurf des Berliner Radverkehrsgesetzes (BerRG) erstellt. Ein solches Gesetz wäre ein bundesdeutsches Novum. Es soll nach einem Volksentscheid im Jahr 2017 in Kraft treten. Das Experiment eines „Gesetzes-Hackathon“ ist damit gelungen: 30 Rechts- und Verkehrsexperten haben mit Hilfe von zahlreichen „Facebook-Jokern“ in 24 Stunden einen Gesetzentwurf geschrieben.

Rund 30 Teilnehmer, darunter Planer, Juristen und Verkehrsexperten, erarbeiteten den Gesetzentwurf beim „Hackathon“ am 16. und 17. Januar in der Neuen Mälzerei des Umweltforums Besonderen Orte.

Auftretende Fragen konnten per Telefon-Joker geklärt werden. Über Facebook waren bundesweit über 20 Radverkehrsexperten zugeschaltet: Über 100 Hinweise und Beiträge gingen ein, zum Beispiel Erfahrungen über Grüne Wellen für Radfahrer in Kopenhagen oder Regelungen zu Radabstellplätzen bei Altbau-Sanierungen. „Das Experiment Gesetzes-Hackathon ist geglückt“, freut sich Heinrich Strößenreuther, Mit-Initiator des Volksentscheids Fahrrad.

Der Gesetzestext muss nun noch geprüft und vereinheitlicht werden. „Mehr als die Hälfte der Arbeit ist geschafft, einzelne Punkte sind zu 70 Prozent fertig“, so die Einschätzung eines anwesenden Rechtsexperten.

Ziel des Fahrradgesetzes ist es unter anderem, ein Netz von sicheren Wegen und Straßen für Radfahrer in Berlin zu schaffen. „Es würden viel mehr Strecken mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, wenn die Bedingungen dafür in Berlin besser wären“, ist Mobilitätsforscherin Kerstin Stark überzeugt. „Wir wollen den klimafreundlichen Verkehr stärken.“

Der Volksentscheid ist auch fahrradbegeisterten Niederländern in der deutschen Hauptstadt aufgefallen. „Fast alle Niederländer fahren regelmäßig Fahrrad. Es ist umweltfreundlich, schont das Klima, geht sparsam mit dem öffentlichen Raum um – und macht einfach Spaß. Es wäre toll, wenn sich die Bedingungen für Radfahrerinnen und Radfahrer in Berlin verbessern. Wir nutzen dieses Jahr auch unsere europäische Ratspräsidentschaft, um Radverkehrsförderung in allen Großstädten mehr Aufmerksamkeit zu schenken“, sagt Sanne Westra, Referentin für Umwelt und Mobilität in der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Berlin.

Voraussichtlich im April 2016 beginnt die erste Sammlung von Unterschriften. Weitere Informationen finden Interessierte unter Volksentscheid Fahrrad.

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